27.03.2024 | Was bedeutet Ostern?
Unter uns: Kaum ein Tag vergeht, ohne dass wir uns in der Geschäftsstelle über grässliches Behördendeutsch oder nervigen Kirchensprech echauffieren. Als Liebhaberinnen und Liebhaber der deutschen Sprache haben wir einiges auszuhalten. Doch zum höchsten christlichen Feiertag wollen wir unsere Lästerzungen in Zaum halten und uns mit Erfreulicherem beschäftigen: Was bedeutet eigentlich das Wort „Ostern“?
Lesen Sie unseren kurzen wortverliebten Ostergruß: hier!
Um es gleich zu sagen: Auf die Frage gibt es keine eindeutige Antwort.
Zunächst stellen wir fest: Nur im Englischen und im Deutschen heißt es „Easter“ oder eben „Ostern“. Aber in den meisten anderen Sprachen leitet sich die Bezeichnung für das wichtigste Fest der Christenheit vom hebräischen פֶּסַח (Pésach) ab: auf Griechisch heißt es „πάσχα“ (páscha), auf Französisch „Pâques“, auf Friesisch „puask“, auf Finnisch „pääiäinen“ und so weiter. Warum? Den Evangelien zufolge haben sich Passion, Kreuzigung und Auferstehung Jesu in einer Pessachwoche ereignet. Zu Pessach (das auch in den Formen „Passa“, „Passah“, „Pascha“ erscheint) feiern die Juden, damals wie heute, den Auszug der Israeliten aus Ägypten.
Warum machen ausgerechnet Engländer und Deutsche da nicht mit? Tatsächlich sind „Easter“ und „Ostern“ dasselbe Wort. Zum ersten Mal finden wir es in einer Schrift des angelsächsischen Mönchs Beda (673–735), der den Beinamen Venerabilis („der Ehrwürdige“) trägt. Beda erwähnt einen „Eostur-monath“ als alte angelsächsische Bezeichnung für den Passah-Monat. Dieser Monat sei nach einer Göttin Eostre benannt gewesen. Eine Eostre wird aber sonst nirgends erwähnt, und niemand sollte die Hand dafür ins Feuer legen, dass der ehrwürdige Beda sie nicht einfach erfunden hat.
Das hat nun Jacob Grimm (1786–1859) nicht davon abgehalten, von Bedas Eostre ausgehend, über eine germanische Göttin „Ostara“ zu spekulieren, einer „Gottheit des strahlenden Morgens, des aufsteigenden Lichts […], eine freudige, heilbringende Erscheinung, deren Begriff für das Auferstehungsfest des christlichen Gottes verwandt werden konnte.“ Grimm war bekanntlich nicht irgendwer: Er hat nicht nur, zusammen mit seinem Bruder Wilhelm, die berühmteste Märchensammlung der Welt geschrieben, sondern auch die Germanistik erfunden. Darum hat sich niemand getraut, seinem Ostara-Humbug zu widersprechen. Aber damit war der pseudowissenschaftlichen Spekulation Tür und Tor geöffnet: Erinnert Ostaras angelsächsischer Name Eostre nicht an Eos, die griechische Göttin der Morgenröte? Und ist diese Göttin womöglich identisch mit der orientalischen Fruchtbarkeitsgöttin Astarte, die wir aus dem Alten Testament kennen? Esoteriker und Neuheiden verehren Ostara bis heute als Frühlingsgöttin, deren uralter Kult vom Christentum angeblich verdrängt und totgeschwiegen worden sei. Für eine Göttin, von der wir nur den Namen kennen und die es obendrein nicht einmal gegeben hat, hat Ostara eine bemerkenswerte Karriere hingelegt.
Es gibt noch eine zweite Spur. Schon mittelalterliche Gelehrte haben Ostern mit dem Osten in Verbindung gebracht, der Himmelsrichtung des Sonnenaufgangs. Die griechische Eos, die römische Aurora sind tatsächlich mit dem germanischen Wort „Osten“ („austra“) verwandt. Allerdings verdanken sich Ortsnamen wie Osterode, Osterhausen oder Osterzell ihrer geografischen Lage und nicht der Göttin Ostara. Und das Dresdner Ostragehege hat weder mit dem Osten noch mit Ostara etwas zu schaffen. Der Name kommt von dem Dorf Ostra, das einst an dieser Stelle existiert hat, und „Ostra“ ist das sorbische Wort für „Insel“.
Allerdings spielen der Osten und die Morgenröte für das Osterfest durchaus eine Rolle. Immerhin haben die Frauen das leere Grab Jesu entdeckt, „früh am Morgen, als eben die Sonne aufging“ (Markus 16,2). Darum ist für die Christen die Morgenröte ein Symbol der Auferstehung. Darum galt der Vorabend des Osterfests oder der Ostermorgen bei den frühen Christen als bevorzugter Tauftermin. Nebenbei: In seinem lesenswerten Buch „Ostern – Geschichte eines Wortes“ (1999) weist der Leipziger Sprachwissenschaftler und Namenskundler Jürgen Udolph auf eine mögliche Beziehung von „Ostern“ mit dem altwestnordischen Wort für „gießen“ oder „schöpfen“ hin: „ausa“. In skandinavischen Quellen ist von einem Ritual „vatni ausa“ („mit Wasser begießen“) bei der Namensgebung die Rede. Natürlich bleiben auch bei diesem Erklärungsversuch viele Fragen offen: Sollten die Germanen eine heidnische Form der Taufe praktiziert haben? Haben sich hier heidnische und christliche Rituale vermischt? Oder haben wir es mit einer Rückprojektion christlicher Rituale auf vorchristliche Verhältnisse zu tun? Wir haben nur Indizien, keine Beweise. Aber nach allem spricht viel dafür, dass sich „Ostern“ auf die Taufe bezieht.
Schön, aber damit haben wir noch immer nicht erklärt, warum es in deutschsprachigen Ländern „Ostern“ und nicht „Passah“ heißt? Auch hier nur Indizien. Wir finden sie in der Missionsgeschichte Deutschlands. Es gibt da eine Auffälligkeit: In den Kirchenprovinzen des Frankenreichs im 8. Jahrhundert gab es unterschiedliche Traditionen. Während die Christen in der Diözese Köln das Wort „pasche“ verwendeten, war in Mainz das Wort „ôstarun“ als Missionswort in Gebrauch. Und wer war damals Erzbischof von Mainz? Der Heilige Bonifatius (673–755), der „Apostel der Deutschen“, ein Zeitgenosse des ehrwürdigen Beda. Auch unser Bonifatius stammte aus England (und hieß eigentlich Wynfreth). Und jetzt haben wir’s: Überall, wo er und seine englischen Gefährten missionierten, führten sie das Wort „Ostern“ ein, vor allem in Mainfranken, Hessen und Thüringen. In anderen Gegenden, zum Beispiel Norddeutschland, blieben bis zur Verdrängung der niederdeutschen Dialekte durch das Neuhochdeutsche Varianten von „Passah“ in Gebrauch. Auf Plattdeutsch heißt Ostern nach wie vor „Paasken“, „Paosken“, „Paasch“ oder ähnlich.
Übrigens sind neuere Bibelübersetzungen wieder von Ostern abgekommen. In der Zürcher Bibel heißt dieselbe Stelle: „Ihr wisst, dass in zwei Tagen Passa ist.“ Die Elberfelder Bibel übersetzt „Passah“, und auch in der BasisBibel, der „Übersetzung für neue Medien“, lesen wir „Passafest“.
Philologisch und theologisch und religionsgeschichtlich ist das völlig korrekt: Als Juden haben Jesus und seine Jünger natürlich Passah gefeiert und nicht Ostern. Und übrigens sind auch in unserer Osterliturgie jüdische Wurzeln des Christentums lebendig geblieben, wenn etwa in der Osternacht eine Lesung aus Exodus an den Auszug der Israeliten aus Ägypten erinnert. Trotzdem wollen wir hoffen, dass nicht irgendwelche Sprachreiniger auf die Idee kommen, unser höchstes Fest umzubenennen. Denn ist es nicht wunderbar und in einem tieferen Sinne angemessen, dass wir das Mysterium der Auferstehung mit einem Wort benennen, dessen Herkunft und ursprüngliche Bedeutung selbst geheimnisvoll bleiben?
Hach, da sind wir aber wieder ins Plaudern gekommen. Keine Angst, wir wenden uns jetzt brav wieder unserer Lobbyarbeit für Familien zu und wünschen Ihnen allen ein frohes und gesegnetes Osterfest!
Ihr eaf-Team
04.05.2023 | Buchrezension in forum eb10.11.
Referent Olaf Schmidt hat für die Ausgabe 2/23 von forum erwachsenenbildung. Die evangelische Zeitschrift für Bildung im Lebenslauf eine Rezension des Bandes Familienorientierung – Evangelische Arbeitgeber zwischen Innovation und Tradition (EVA, Leipzig 2022) geschrieben. Näheres erfahren Sie: hier.
10.11. 2022 | Interview mit der Schriftstellerin Kerstin Wacker
In dem Familienmagazin Kind & Kegel werden wir unter dem Titel „eaf liest“ regelmäßig ein Jugendbuch vorstellen. Wir beginnen mit Kerstin Wackers Jugendkrimi „Das Mädchen in unserem Badezimmer“. Vorab können Sie ein Interview mit Kerstin Wacker lesen: hier.
Interview mit eaf-Bundesgeschäftsführerin Svenja Kraus
In der Geschäftsstelle wird der rote Teppich ausgerollt: Svenja Kraus, die neue Bundesgeschäftsführerin der eaf, schaut persönlich vorbei! Wir haben Kaffee getrunken, lange und intensiv über Familienpolitik und die Arbeit für Familien gesprochen, am Schluss gab es noch eine kleine Stadtführung. Und natürlich haben wir die Gelegenheit genutzt, ein Interview mit Svenja Kraus zu führen. Lesen können Sie es: hier.
Interview mit der Schriftstellerin Katharina Bendixen über die Herausforderung, Beruf und Familie übereinzubringen
Die Schriftstellerin Katharina Bendixen ist 2022 Stadtschreiberin von Dresden und Mutter von zwei Kindern. Wir haben sie zu ihrer Arbeit und den besonderen Herausforderungen professionell schreibender Eltern befragt. In der nächsten Folge der eaf-Fernsehsendung „Familienfragen – das crossmediale Familienmagazin“ verlosen wir Bendixens aktuellen Jugendroman „Taras Augen“.
Das Interview mit Katharina Bendixen lesen Sie:
„Perspektiven von Familienmitgliedern auf das Wechselmodell“
Die Stellvertretende Vorsitzende der eaf Sachsen, Prof. Dr. Nina Weimann-Sandig, Soziologin an der Evangelischen Hochschule Dresden (ehs), hat ihre Untersuchung „Perspektiven von Familienmitgliedern auf das Wechselmodell“ vorgelegt. Die eben veröffentlichte Untersuchung finden Sie: hier. Ein Interview mit Prof. Dr. Weimann-Sandig über die Ergebnisse ihrer Untersuchung können Sie hier lesen.
Interview mit Prof.Dr. Nina Weimann-Sandig zu ihrem neuen Kinderbuch
Die stellvertretende Vorsitzende der eaf Sachsen, Prof. Dr. Nina Weimann-Sandig arbeitet nicht nur als Wissenschaftlerin, jetzt hat sie ein Kinderbuch veröffentlicht: „Ben Theodor Fontane und der gemeine Puddingdieb“. Der achtjährige Ben Theodor Fontane muss zu einer Untersuchung ins Krankenhaus. Dort schließt er Freundschaft mit Christopher, der an Leukämie leidet und nur noch Pudding essen kann. Doch auf rätselhafte Weise verschwinden die Puddingvorräte des Krankenhauses. Ben beschließt, der Sache nachzugehen. Zusammen mit Emily, Willy und Speedy kommt er dem Puddingdieb auf die Spur.
Das vollständige Interview lesen sie hier
Was heißt „religiös unmusikalisch“?
In der aktuellen Ausgabe der „Praxis Gemeindepädagogik. Zeitschrift für evangelische Bildungsarbeit“ hat sich der eaf Fachreferent Dr. Olaf Schmidt in dem Beitrag „Was heißt ´religiös unmusikalisch´?“ mit der Frage befasst, wie kirchliche Bildungsarbeit auch konfessionslose Menschen erreichen kann.
Dokumentation: hier
„Da wird viel Aufarbeitung nötig sein“
In der nächsten Ausgabe unseres TV-Magazins „Familienfragen“, das am 7. August um 18 Uhr bei Sachsen Fernsehen ausgestrahlt wird, dreht sich alles um das Familienleben im ländlichen Raum. In der Sendung befragt Moderator Jan Witza Franziska Woyke und Astrid Kuhn von der Familienbildungsstätte Bischofswerda über ihre Arbeit und die Besonderheiten des „ländlichen Raums“. Wir haben eine Drehpause zu einem kleinen Vorab-Interview mit den beiden genutzt.
Wie geht es der Familienbildungsstätte Bischofwerda am Ende der Corona-Pandemie?
FRANZISKA WOYKE: Der Familienbildungsstätte geht es in dem Sinne gut, dass es jetzt alles sehr schnell wieder losgeht und wir jetzt wieder voll in unserem Wirken sind. Am Anfang hatten wir Befürchtungen, ob uns alle Menschen gleich wieder finden werden. Und dann waren wir sehr überrascht: Als bekannt wurde, dass wir wieder in allen Bereichen arbeiten dürfen, haben die Telefone sofort geklingelt. Während der Pandemie ist der Beratungsbedarf ja sehr angestiegen, und wir haben unsere Angebote ausgebaut. Das werden wir auch erst einmal beibehalten.
ASTRID KUHN: Mir fällt vor allem auf: Wenn ich mit Eltern in Kontakt komme – seit ein paar Wochen wieder stärker -, wollen die viel loswerden und darüber reden, wie sie die Zeit verbracht haben, was sie schrecklich fanden, was sie aber auch positiv für ihre Familien festgestellt haben. Da wird viel Aufarbeitung nötig sein in den nächsten Wochen und Monaten, auch für uns.
WOYKE: Ja. Wir sind auch selbst als Team in so einen Prozess gekommen: Was nehmen wir aus der Zeit mit? Was wollen wir verändern? Welche veränderten Angebote wollen wir beibehalten, aber was wollen wir vielleicht an unserer Arbeitsweise und Angeboten verändern?
Wie haben Sie während des Lockdowns mit den Familien Kontakt gehalten?
WOYKE: Durch Telefonberatung und Einzelangebote, die wir ja durchführen durften, wenn es einen Negativ-Test gab. Es gab da also keinen totalen Abriss. Aber jetzt sind natürlich wieder alle offenen und großen Angebote möglich, was einfach schön ist. So kann auch wieder Austausch zwischen den Familien stattfinden.
Welche Kanäle setzten Sie ein, um Ihre Angebote bekannt zu machen?
KUHN: Wir haben alle unsere Angebote bei Fabisax – die Familiendatenbank eingepflegt. Wir wollen auch mit den Eltern ins Gespräch darüber kommen: Kennt ihr die Seite, habt ihr die schon einmal wahrgenommen? Vielleicht hilft die Werbekampagne, dass Fabisax noch etwas mehr ins Bewusstsein rückt.
WOYKE: Darüber hinaus arbeiten wir ganz viel mit Werbematerialien. Das heißt, wir stellen selbst Flyer her für unsere jeweiligen Angebote. Wir dürfen das Material bei Kinderärzten und anderswo auslegen. Aber wir nutzen auch die örtlichen Medien und setzen zum Beispiel Artikel in die Zeitungen. Und wir haben eine Homepage…
KUHN: Eine sehr gute Homepage!
WOYKE: Und sind bei Facebook aktiv.
KUHN: Nicht zu vergessen: Eine kleine Einrichtung wie unsere, die dezentral arbeitet, lebt auch ganz viel von Mund- zu-Mund-Propaganda. Mütter und Väter, die einmal in unseren Gruppen waren, kommen auch ganz oft mit dem nächsten Kind wieder. Sie erfahren davon auch über Freundinnen, die sich austauschen. Oder sie nehmen uns wahr, wenn wir in Kindereinrichtungen sind, und bekommen auf diese Weise mit, was wir an Veranstaltungen bieten.
Interview: Olaf Schmidt
Das Interview finden Sie auch als pdf: hier.